Das Pyramidenbauwerk 216
Hier werden die ausgeführten archäologischen Sondagen
dargestellt, die Arbeitsschritte und die Ergebnisse der Arbeiten
beschrieben, die zur schwierigen und aufwendigen Konservierung des
einsturzgefährdeten Bauwerks notwendig waren:
Bauphasen:
Vier zeitlich aufeinander folgende Bauzustände der klassischen
Periode an der immer wieder umgebauten Tempelpyramide konnten definiert
werden. Sie gehören zu zwei Gebäuden (216 Sub 1 und 216-1),
verbunden mit zwei zusätzlichen Neubauphasen (216 Sub 2 und
216-1a); außerdem gibt es noch Hinweise für weitere Nutzung
nach der letzten Bauphase der ausgehenden klassischen Periode. Die
Bauten werden in der Reihenfolge von älteren zu jüngeren
Gebäuden vorgestellt.
Gebäude 216 Sub 1; frühklassische Periode:
Eine Kegelstumpfpyramide mit 22m Höhe über dem zentralen
Platz mit oberster Plattform mit Rechteckgrundriss, einspringenden
Eckprofilierungen und eingezogenen Horizontalgesimsen. Der Zugang
zur Mitte der obersten Plattformen bietet eine in den Baukörper
eingeschnittene schmale Treppe.
Gebäude 216 Sub 2; frühklassische Periode:
Eine Kegelstumpfpyramide mit 23,65m Höhe ,die mit einigen Abänderungen
Teile des vorausgehenden Bauwerks weiter verwendet. Der Grundriss
bleibt weiter rechteckig, die einspringenden Ecken werden durch
steinerne Verbauungen abgemildert. Eine neue, jetzt nicht eingeschnittene,
sondern an den Baukörper angeschobene Freitreppe führt
von Westen zu einem Podest vor der obersten Plattformstufe.
Gebäude 216-1; spätklassische Periode:
Dieser Neubau wird wohl in der Periode Ixbach (Tepeu 2) als Stufenpyramide
mit neun gestuften Plattformen mit abgerundeten Ecken und einer
im Westen angeschlossenen Freitreppe errichtet. Darüber folgt
als obere Stufe der Tempelsockel und dann das Tempelgebäude
selbst. Der Sockel hat gerundete Ecken und nach innen geneigte Außenwände;
eine kleinere Freitreppe führt vom obersten Podest zum eigentlichen
Tempelniveau. Das Tempelhaus hat Rechteckgrundriss und zwei hintereinander
liegende Gewölberäume, nach Westen zum Treppenaufgang
hin über drei Eingänge zugänglich. Die erhaltene
Höhe des Baues mit dem Tempel beträgt 30,25m. Einschließlich
der nur noch im Absatz erhaltenen Dachaufbauten (cresteria) muss
das Bauwerk ursprünglich eine Höhe von mehr als 38m gehabt
haben.
Gebäude 216-1a; ausgehende klassische Periode:
Wahrscheinlich zwischen Periode Ixbach und Tolobojo (Tepeu 2 und
3) wird das Bauwerk auf der Höhe der untersten Pyramidenstufe
zu beiden Seiten der grossen Freitreppe durch angeschobene Terrassen
erweitert und die Treppe bis zu vierten Stufenplattform umgebaut.
Mit diesen Umbauten fällt die Aufstellung von Stele 40 in der
Pyramidenachse auf dem Hauptplatz zusammen. Nur der untere Teil
der Stele blieb erhalten; sie wurde wohl von ihrem ursprünglichen
Standort dorthin versetzt.
Spätere Belegung:
Spätere Mauereinbauten in den Tempelkammern und Funde nachklassischer
Keramik auf den Terrassen der Tempelpyramide belegen eine Nutzung
in nachklassischer Zeit.
Unterirdische Gewölbekammer unter der Pyramide:
Als besondere Entdeckung bei den Sondagen in der Ost-Westachse der
Pyramide zur Definition der Abfolge der Überbauungen wurde
eine mit dem spätklassischen Bauwerk (Tepeu 2) zeitlich assoziierte,
im unteren Bereich in den gewachsenen Fels eingetiefte unterirdische
Gewölbekammer freigelegt. Sie hat Rechteckgrundriss, im oberen
Bereich gemauerte Wände, einen inneren Stuckverputz und war
mit einer Rollschicht aus horizontal verlegten Holzbalken abgedeckt;
darüber folgte eine beidseitig mit Zinnober bestreute Flechtmatte
und schließlich ein giebelförmig nach beiden Seiten geneigtes
gemauertes Gewölbe aus grossen Steinplatten mit einer mittleren
Steinabdeckung. Aus dem Fehlen von Kalkmörtel in einem Bereich
des Gewölbes lässt sich der Ausgang ermitteln, durch den
die Erbauer die fertig eingerichtete Kammer zum Schluss verließen.
Obwohl alle baulichen Einzelheiten auf eine Grabanlage hindeuten,
enthielt die Kammer keine menschlichen Reste, sondern vielmehr eine
Fülle kostbarer Weihgaben in ritueller Deponierung, die mit
der Errichtung des vorletzten Gebäudes 216 Sub 1 in Zusammenhang
stehen. Dazu gehören zahlreiche Artefakte aus Grünstein,
Muscheln, Stein, Knochen und Keramik sowie farbige Substanzen in
kunstvoller Verteilung auf dem Boden der Kammer. Die aufwendige
archäologische Dokumentation und Bergung der Weihgaben wurde
trotz Bewachung durch acht Wächter bei einem nächtlichen
Überfall von einem Dutzend Grabräuber gestört, die
mit Waffengewalt in den Grabungstunnel eindrangen und drei noch
in situ liegende Keramikgefäße raubten. Weiterer Schaden
oder personelle Verluste entstanden glücklicherweise nicht.
Zurückgebliebene Restfragmente der geraubten Keramik werden
hier mit abgebildet.
Denkmalpflegearbeiten:
Vor Beginn der Konservierungsarbeiten befanden sich Pyramide und
Hochtempel in einsturzgefährdetem Zustand: die Umfassungsmauern
der Pyramidenstufen waren weitgehend abgerutscht, die große
Freitreppe in einem Geröllhaufen zusammengefallen, die vorderen
Mauern des Hochtempels und die Gewölbe eingestürzt; ein
riesiger Raubgräberschacht an der Tempelrückwand, schnell
wachsende Urwaldbäume auf dem Bauwerk und eindringender Tropenregen
drohten die gesamte Architektur zum Einsturz zu bringen.
Durch Entfernung des beeintraechtigenden Baumbewuchses, Konsolidierung
der noch vorhandenen Mauern und neue Abmauerung der Pyramidenfüllung
konnte die Standsicherheit erhalten werden. Die Tempelinnenräume
wurden vom lastenden Trümmerschutt befreit, das Loch in der
Rückwand gesichert, zahlreiche Mauerwerksrisse wieder gefüllt,
der Mauerverband durch eingebaute Bindersteine wiedergewonnen. Diese
Arbeiten waren wegen der Größe des Monuments und der
Schwere der Bauschäden besonders aufwendig; Abstützungen
und riesige Stahlgerüste von über 30 m Höhe mussten
erbaut werden; der Materialtransport erforderte logistische Spitzenleistungen.
Während der Jahre der denkmalpflegerischen Konservierung mussten
immer wieder neu erbaute und abgeänderte Schutzdächer
den Hochtempel absichern.
Bei der detaillierten Bauaufnahme wurden in den beiden Tempelinnenräumen
und ihren Gewölbezonen auch zahlreiche Balkeneinlassungen und
Maueröffnungen dokumentiert. Es sind Wasserauslässe, Lüftungsschlitze,
Balkenlöcher für Absperrungen und Löcher für
Gewölbehölzer. Sie werden in allen Einzelheiten dokumentiert.
Mit besonderer Sorgfalt wurden die erhaltenen Reste des Wandverputzes
aus Kalkstuck freigelegt und mühevoll konserviert. Dabei konnten
auch Ritzzeichnungen mit Darstellungen von Menschen, Tempeln, Häusern
und einer feierlichen Prozession sowie ein farbiger Handabdruck
dokumentiert werden.
Das Bauwerk ist jetzt wieder standsicher; der Hochtempel über
eine hölzerne Treppenanlage für Besucher zugänglich.
Von dieser höchsten Pyramide der Stadt Yaxhá bietet
sich ein weiterer Überblick über das Umland der Maya-Stadt
bis hin zu benachbarten Städten wie Holtún und Nakúm.
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In den folgenden Jahren ist an weiteren Gebaeuden und Gebaeudekomplexen
gearbeitet worden. So wurden in der Nordakropolis und der "Maler-Gruppe"
Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten vorgenommen und die sie
verbindende Calzada Blom gesaeubert. Waehrend eines Spaziergang
auf diesem monumentalen, einst heiligen stuckueberzogenen Dammweg
kann sich der Besucher der Vorstellung damaliger grandioser Prozessionen
nicht entziehen. Mehrere Tempel sind fuer den Tourismus zugaenglich
gemacht worden, so dass man von verschiedenen strategischen Punkten
aus einen Ueberblick ueber die Staette und die Natur des Regenwaldes
bekommt.
Der Sonnenuntergang ueber dem See beobachtet von einem der hohen
Tempel ist ein unvergessliches Schauspiel. Waehrend Sie in Tikal
eine Vielzahl von Touristen um sich haben werden, koennen Sie dieses
Schauspiel hier ganz alleine geniessen. Den Besuch Yaxhas sollte
kein Mayainteressierter missen!!
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